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Die verwendeten Zitate aus Theodor Wiesengrund Adorno`s Vortrag „Kultur und Verwaltung „ von
1959
Wer Kultur sagt, sagt auch Verwaltung, ob er will oder nicht.
Die Zusammenfassung von so viel Ungleichnamigem wie Philosophie und Religion, Wissenschaft und
Kunst, Formen der Lebensführung und Sitten, schließlich dem objektiven Geist eines Zeitalters unter
dem einzigen Wort Kultur verrät vorweg den administrativen Blick, der all das, von oben her,
sammelt, einteilt, abwägt, organisiert...
En passant möchte ich anmerken, dass das spezifisch deutsch Phänomen des sogenannten
musischen eigentlich in der Problematik der verwalteten Welt zuständig ist…
Kultur, als das über das System der Selbsterhaltung der Gattung Hinausweisende, enthält allem
Bestehenden, allen Institutionen gegenüber unabdingbar ein kritisches Moment…
Indem überhaupt etwas gedeiht, was anders, was nicht zu verwerten ist, belichtet es zugleich die
herrschende Praxis in ihrer Fragwürdigkeit…
Was von sich aus autonom, kritisch, antithetisch zu sein beansprucht, und was freilich diesen
Anspruch nie ganz rein bewähren kann, muß verkümmern, wenn seine Impulse in ein ihnen
Heteronomes, von oben her Vorgedachtes bereits eingegliedert sind; wenn es womöglich den Raum
zum Atmen unmittelbar von dem empfängt, wogegen es rebelliert…
Daß ein schlechter Zustand nicht erst von heute sei, gibt nicht das Recht, ihn zu perpetuieren, wenn
er nicht mehr notwendig wäre;
Gelegentlich lassen Zufallsentdeckungen wie die von Georg Büchner durch Karl Emil Franzos ahnen,
wieviel in der Geschichte der Menschheit auch an geistigen Produktivkräften sinnlos vernichtet
wurde…
Der Begriff gesellschaftlich nützlicher Arbeit ist von der integralen Vergesellschaftung nicht zu
trennen; er würde notwendig auch dem präsentiert, dessen Nützlichkeit einzig in deren Negation sich
ausweist, und die Rettung schlüge dem Geretteten schwerlich zum Segen an…
und daß das Große aus eigener Kraft sich durchsetze, ist nichts mehr als ein erbaulicher
Lebkuchenspruch. ..
Leibhaftige Unesco-Dichter schießen ins Kraut, die etwa dafür sich begeistern, daß auch inmitten der
unmenschlichsten Situationen das Menschliche blühe, und im Namen einer Humanität, die keine
„controversial issues" anpackt, internationale Leitbilder von Verwaltungsgremien mit ihrem Herzblut
auspinseln; gar nicht zu reden von dem infantilen Schund, zu dem in den Ostblockstaaten amtliche
Stellen, die der Partei, die Künstler terroristisch anhalten.
Wer der Verwaltungsmittel und Institutionen unbeirrbar, kritisch bewußt sich bedient, vermag stets
noch etwas von dem zu realisieren, was anders wäre als bloß verwaltete Kultur, wo fern er nur selber
nichts nachlässt von den Forderungen der Spontanität und Verantwortung ohne die keine kulturelle
Produktion gedacht werden kann...
Ich verschweige auch nicht, dass die Menschen in einem erzwungenem Prozess von Anpassung, den
sie womöglich auch noch aus sich heraus befördern, nicht nur Verwaltungsobjekte werden, sondern
sich derart mit dem Geist von Verwaltung identifizieren, wie es der Stimme ungezählter
Chefsekretärinnen deutlich zu hören ist, wenn sie auf wieder hören sagen.
Der Nutzen des Nützlichen selber ist keineswegs über allem Zweifel, und das Unnütze okkupiert den
Platz dessen, was nicht mehr vom Profit entstellt wäre…
Je mehr für die Kultur geschieht, desto schlechter für sie, formulierte Eduard Steuermann…
Mir schwant, dass neben der östlichen Spruchbanddenkerei auch eine westliche Unesco Philosophie
heranreift und ich wäre nicht erstaunt, wenn sie auf Tagungen und Kongressen als fördernswert
approbiert würden und wenn man Projekte zur Ermittlung allgemein verbindlicher wertbeständiger
Werte finanzierte…
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